Natur & Spiritualität Die Liederoase
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Mittelalter und Renaissance

 

 

 

 

Unser europäisches Mittelalter (500-1500 n. Chr.) ist für uns oft Inbegriff des Vergangenen, Rückständigen - und birgt doch weit mehr, als man so auf die Schnelle wahrnimmt. Es kann sehr wohl faszinieren - und tut es immer wieder: in seinen geistigen Größen, in seiner Sprache, in seiner Kultur, in seiner Universalität, in der Mystik - und in seiner Musik.

 

 

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WEISHEIT DES MITTELALTERS

 

 

 

 

Dem ruhigen Geist ist alles möglich.

 

 

Meister Eckhart (1260 - 1327), deutscher Mystiker und Provinzial der Dominikaner. Er starb unter der Anklage der Ketzerei.

 

 

 

Möchten doch alle erkennen,

dass in der Vielfalt der Religionsformen

nur eine Religion sich kundgibt.

 

 

Nikolaus von Kues, (1401 - 1464) deutscher Gelehrter, Philosoph und Theologe

 

 

 

Ein Mann sagte einmal zu Ibrahim ibn Adham:

"Glücklich bist du, der du unverheiratet bist

und dich ganz dem Dienste Gottes widmen kannst."

Aber Ibrahim antwortete:

"Die Unruhe und Sorge, die du für deine Familie hegst,

ist besser als all meine Frömmigkeitsübungen."

 

 

Abu Hamid al-Ghazâlî, (1058 - 1112), größter persischer Theologe des Islam, wandelte sich vom skeptischen Gelehrten zum ekstatischen Heiligen, gründete in Tus eine theologische Hochschule

 

 

 

 

 

 

 

Du hast in dir den Himmel und die Erde.

 

Hildegard von Bingen (1098 - 1179), deutsche Mystikerin, Äbtissin und Naturwissenschaftlerin

 

 

 

 

Allein die Dosis macht, das ein Ding' kein Gift ist.

 

 

Paracelsus (Theophrast von Hohenheim),  1493-1541, bedeutender Schweizer Arzt und Naturforscher. Sein medizinisches System gründete auf Alchemie, Astrologie, Mystik und Erfahrung. Er erkannte, dass externe Einflüsse bei der Entstehung vieler Krankheiten eine große Rolle spielen und sich durch Arzneimittel gezielt bekämpfen lassen. Er gilt damit als einer der Urväter der modernen Pharmazie.

 

 

 

Es werden mehrere Jahrtausende von Liebe nötig sein,

um den Tieren ihr durch uns zugefügtes Leid heimzuzahlen.

 

Franz von Assissi (1182-1226)

 

 

 

 

 

 

Überall hat man den Himmel über sich.

 

 

Francesco Petrarca (1304 - 1374), italienischer humanistischer Gelehrter

 

 

 

 

Ich fragte die Welt, die alte,

was sie als Bestes enthalte

in ihrem großen Gebäude.

Sie sagte: des Herzens Freude

 

 

Omar Khayyam, 1045-1122, persischer Naturwissenschaftler, Mathematiker und Dichter

 

 

 

Nur das ist wirklich dein Besitz,

was du bei einem Schiffbruch nicht verlieren kannst. 

 

 

Abu Hamid al-Ghazâlî

 

 

 

 

 

 

 

Am Morgen Fruo

 

Walther von der Vogelweide

 

 

Wenn die Blumen aus dem Grase dringen,
als lachten sie der leuchtenden Sonne entgegen  
in einem Mai früh am Morgen 
und die kleinen Vögel ihre schönsten Weisen singen
– welche Wonne ließe sich dem vergleichen?

Es ist wohl ein halbes Himmelreich! 
Sollen wir dennoch sagen, was dem gliche,
dann sage ich, was meinen Augen oft wohler getan hat, 
und immer noch gut tun würde, wenn ich es sähe

Eine schöne Frau von Adel und Reinheit,
gut gekleidet und geschmückt, die   sich die Zeit vertreibt und unter Leute geht,
hoch gesinnt, nicht allein, sich kaum umsehend -
Wie die Sonne steht sie gegen die Sterne

Der Mai möge uns all sein Wunder bringen:
was ist da so Herrliches darunter
wie ihre liebenswerte Erscheinung?
Wir lassen alle Blumen stehen
und schauen die wunderbare Frau an

Wohl dann, wenn ihr die Wahrheit schauen wollt:
Gehen wir zum großen Fest des Mai,
der mit all seinen Kräften gekommen ist!
Seht i h n an und seht schöne Frauen an:
was übertrifft das andere?
Seht, ob ich das bessere Spiel gewählt habe!

Oh weh: würde mich einer da auffordern zu wählen,
welches ich für das andere aufgeben würde,
 würde ich meine Entscheidung dennoch rasch fällen!
Herr Mai, ihr müsstet schon der Märze sein,
bevor ich meine Dame da verlöre!


(eigene Übersetzung aus dem Mittelhochdeutschen)


 

 

 

 

Selig

 

 

Selig, selig sei die Wonne,

selig sei die freudenbringende Maienzeit,

selig sei das Singen der Vögel,

selig sei die Wiese, selig sei der Wald!

 

Man sieht mannigfaltig Blumen

aus dem grünen Gras hervorsprießen,

mehr als ich mir ausdenken könnte.

Tanzen, springen sollen die Jungen im Wettstreit!

 

Wohl Dir, wohl dir, Güte einer Frau!

Wohl dir, du sollst für immer selig sein!

Wohl dir, du kannst Traurigkeit lindern,

wo immer die Liebe ein sehnendes Herz verwundet hat

 

Dein so rosenfarbener Mund,

würde der liebevoll lächeln,

wie die Rose im Tau aufblüht:

ebenso erfreut der Glanz deiner leuchtenden Augen

 

Hohe Frau, Hohe Frau, selige Frau,

Traute Liebste, ihr seid mir lieb von allen Frauen -

was ich selten genießen konnte,

wovon ich nicht weiter singen will

 

Es dünkt euch wohl ein Spiel zu sein

Euch hat meiner sehr verdrossen,

so dass ich mich sehr traurig wiederfinde.

Weggeschlossen ist mir die Freude und eure Gestalt.

 

Wehe, wehe über die Minne!

Wehe will ich rufen über sie, schreien alle Zeit 

Bisher war ich an sie gebunden,

nun lässt sie mich traurig von ihr geh’n

 

Sie hat Übles mir getan

Sie soll einem anderen

Herz, Gemüt und alle Sinne verwunden.

Ich habe erkannt, dass sie so sehr weh tut

 

 

 

Gottfried von Neifen (13. Jh.), eigene Übertragung ins Neuhochdeutsche

 

 

 

 

 

 

 

 

Es führt über den Main

 

 

Es führt über den Main, eine Brücke von Stein,
wer darüber will geh'n, muss im Tanze sich dreh'n.
Refrain: Fa-la-la-la-la, fa-la-la-la-la

 

Kommt ein Fuhrmann daher, hat geladen gar schwer,
seiner Rösser sind drei, und sie tanzen vorbei.

 

Kommt ein Mädchen allein, auf die Brücke von Stein,
fasst ihr Röckchen geschwind, und sie tanzt wie der Wind.

 

Kommt ein Bursch ohne Schuh, und in Lumpen dazu,
als die Brücke er sah, hei wie tanzte er da.

 

Und der König in Person, steigt herab von seinem Thron,
kaum betritt er das Brett, tanzt er gleich Menuett.

 

Liebe Leute, herbei, schlagt die Brücke entzwei!
Und sie schwangen das Beil, und sie tanzten derweil.

 

Alle Leute im Land kommen eilig gerannt.
Bleibt der Brücke doch fern, denn wir tanzen so gern.

 

Es führt über den Main, eine Brücke von Stein,
und wir fassen die Händ und wir tanzen ohn´ End´.

 

 

 

Dieses 1930 wiedergefundene Lied schrieb Felicitas Kukuck auf und erweiterte es  um die letzte Strophe. Es hat das  mittelalterliche Motiv des Totentanzes: die Macht des Todes ist allgewaltig, er nimmt jeden mit ungeachtet seines Standes oder Besitzes oder Geschlechtes. Schon um 750, lange vor den Pestepidemien, wusste man: "Media vita in morte sumus" - mitten im Leben sind wir im Tod. Von dieser Betrachtung versprach man sich nach Psalm 90/12 eine weisere Lebenseinstellung.

 

Das Besondere dieses bildgewaltigen Liedes ist seine Lebensbejahung: man resigniert nicht, man ergibt sich auch nich einfach in sein Schicksal, noch kämpft man mit dem Tod. Man weiß, dass das Leben getanzt werden kann - hier wie dort. Vor allem dann, wenn man sich verbindet und die Gemeinschaft stärkt.

 

 

 

 

Das älteste liturgische Stück, das wir in deutscher Sprache haben, ist wohl der Osterchoral 'Christ ist erstanden' (um 1100).

 

NEIDHART VON REUENTHAL (13. Jh.) ist der populärste und erfolgreichste aller mittelalterlichen Minnesänger. Statt der hohen Minne besang er die Liebe, wie sie im Volk gelebt wurde. Er schildert in den 140 überlieferten Liedern die derbe und herbe Realität, wie sie besonders im bäuerlichen Milieu gang und gäbe war. Auch das Lied 'Meienzît' beginnt klassisch mit dem Lobpreis der Natur und der Klage des einsamen Sängers. Dann aber treten eine ganze Reihe von Ritter-Rüpeln auf, die ihre bäuerliche Herkunft nicht verleugnen können, die die Mädchen nötigen, Schlägereien anzetteln und sich benehmen wie die Axt im Walde. Was die seiner Ansicht nach verdienen, daraus macht der Sänger keinen Hehl.

 

 

 

 

Die Rabenballade ist eine spätmittelalterliche schottische Ballade, von der es verschiedene Textfassungen gibt und die meist nach der bretonischen Weise "An Alarc'h" gesungen wird

 

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© Jürgen Wagner