Politik und Gesellschaft
Warum wir politisch sind
Wir sind politisch, weil wir offene Augen haben und mitfühlen und uns das nicht gleichgültig lässt, was wir hören und sehen. Wir sind politisch, weil wir unser Tun und Nicht-Tun auch etwas bedeutet und bewirkt - denn immer können wir auch etwas Kleines beitragen zum großen Gang der Dinge.
Politik ist nicht nur das, was in Berlin und anderswo beschlossen wird: 'Politik' ist ursprünglich die Sorge um die Polis, die Stadt. Politisch ist jemand, der sich um das Allgemeinwohl kümmert. In diesem weiten Sinne trägt jeder von uns etwas zum Ganzen bei, ob man nun Müll im Wald aufliest oder einen Garten pflegt, ob man als Therapeut arbeitet oder als Gebäudereiniger, ob man ehrenamtlich eine Jugendmannschaft trainiert oder eine Asylantenfamilie betreut.
Was uns Sorgen bereitet, sind die großen Entwicklungen,
auf die wir nicht so viel Einfluss haben.
Auf der einen Seite schreitet die Globalisierung und weltweite Vernetzung unaufhaltsam voran, auf der anderen Seite suchen immer mehr Länder Zuflucht in ihrer nationalen Identität und wollen sich
abgrenzen. Beides bedingt sich und beides hat ein Recht.
Auf der einen Seite wollen wir Wohlstand, Gesundheit, Nachkommen, Arbeit, wirtschaftliches Wachstum, technischen Fortschritt - andererseits zerstören wir als Menschheit mit unserer Dominanz systematisch die Lebensgrundlagen der Erde und die Vielfalt des Lebens.
Einerseits wollen wir Frieden und Gerechtigkeit - und keine neue Flüchtlingswelle - andererseits sehen wir z.B. zu, wie türkische Panzer in Syrien einmarschieren und dort die Kurden umbringen und ihre Städte bombardieren.
Diese Gegensätze und Widersprüche sind schwer auszuhalten. Sie anzuerkennen, ist der erste Schritt zum Frieden. Erst wenn man beide Seiten kennt, kann man eine Haltung der Offenheit, der Mäßigung und des Respektes einnehmen - und so einen neuen Geist der Politik schaffen.
Was uns gehört
Die Wälder sind nicht ‚uns’re‘ Wälder
Noch Ozeane ‚unser‘ Meer
Gebirge sind nicht ‚uns’re‘ Berge
Die Sterne niemals ‚unser‘ Heer
Die Kinder haben i h r e Seele
Die Winde ihre eig'ne Kraft
Das Land ist Teil der großen Erde
Und wir ein Traum, noch nicht erwacht
Wettersteimngebirge mit Zugspitze im Abendrot
Der Zug der Zeit
Wohin fährt der Zug der Zeit?
Keiner kennt das Ziel
Selber weiß er nichts davon
Ist es nur ein Spiel?
Fährt bergauf und fährt bergab
Voll sind die Abteile
Freundlich ist das Personal
Fast hat man Langeweile
Immer heißer wird’s im Zug
Signale steh'n auf Rot
Selten hält er einmal an
Nur in höchster Not
Alle wollen weiterfahr’n
Ist's doch grad so schön
Selber könnt ich langsam tun
Selber achtsam geh‘n
Carola68, Pixabay
DER UMWELTPREIS 2020 GEHT AN ...
Der Himmel war noch nie so klar,
die Luft so frisch und wunderbar,
das Wasser in dem Bach und Fluss
so sauber und ein Hochgenuss
Wer hat die Umwelt so bereinigt,
das ganze Leben so entschleunigt,
beruhigt den ganzen Luftverkehr?
Ja, selbst Autobahnen wurden leer!
Wer schwang hier mal den großen Besen?
Politiker sind’s nicht gewesen
Den Umweltpreis für dieses Jahr
gäb' ich CORONA, sonnenklar!
Jahresrückblick 2020
Was wird im Jahresrückblick steh'n?
Ich kann schon jetzt die Bilder seh'n
Corona von März bis zum September
und von Oktober bis Dezember
Gab's sonst noch was auf dieser Welt,
war sonst noch etwas, was da zählt?
Die Umwelt hatte eine Pause
und mancher blieb auch gern zuhause,
entdeckte wieder die Natur,
das eig'ne Land, die eig'ne Flur
Warum nur in die Ferne schweifen?
Auf große Reisen kann ich pfeifen!
Der Nächste, der wurd' wieder wichtig,
und Hilfsbereitschaft ist so richtig
Die Krise machte uns noch stärker,
doch gab's auch jede Menge Ärger
Doch wenn wir mal von uns abseh'n
und etwas in die Ferne geh'n:
da brannten Regenwälder ohne Ende,
auch in der Taiga gab's die Brände,
in Australien war's ganz schlimm
Da war's in Nantes ja noch gering
Das Barrier Riff bekam ne Bleiche,
die USA Revolten, folgenreiche
In Grönland wurd' es schon recht warm,
der Klimawandel schlägt Alarm
Bei uns, da starben Wälder, Bäume
und zerbrachen manche Träume
Ein großer Wandel ist im Gang,
der dauert sicher noch recht lang
Das Virus kann uns vorbereiten,
auf and're, unbekannte Zeiten
DAS LEISE STERBEN
Für's
Klima wird schon was getan,
Orkane, Flut will keiner hab'n
Brutale Hitze, Dürrezeiten:
da muss jedes Wesen leiden
Daneben
aber gibt‘s ein Sterben,
ein langsam wachsendes Verderben
der alten, großen, reichen Wälder,
der bunten Wiesen, Moore, Felder
Der Mensch
nimmt sie für seine Zwecke,
missbilligt jede wilde Hecke,
baut breite Straßen, starke Zäune,
zerschneidet große Lebensräume,
die alle
Tierwelt für sich braucht,
baut Mais und Raps und was da taugt
für seinen Nutzen und Bedarf.
Agrarwirtschaft ist längst entlarvt
als ein
Vergifter und ein Quäler
Die Politik schielt auf die Wähler,
die Massenwirtschaft darf florieren
Wen kümmert's, was da mit den Tieren
und den
Pflanzen heut' geschieht?
Ihr Leid ist still, ihr Schmerz verzieht ...
Rebhühner, Lerchen, Bekassinen,
die Schmetterlinge und die Bienen,
die
Fledermäuse, Salamander,
verschwinden still und miteinander
So viele stecken tief in Nöten,
auch Kühe, Schweine, Fische, Kröten
Erhalten
wir doch für sie Räume,
bewahren, pflanzen viele Bäume!
Geht’s ihnen gut, dann ist es golden
Verderben sie, werden wir folgen
Sich für das Allgemeinwohl einsetzen
Die Rechten suchen Sündenböcke,
Die Linken die Gerechtigkeit
Die Bürgerlichen die Balance
Das Volk Ruh' und Bequemlichkeit
Tyrannen blenden ihre Völker,
Die Mächtigen belügen sie
Es braucht die Wachheit eines jeden
Geradheit, Mut und Empathie
Wie Welt rückt immer mehr zusammen
Computer prägen die Kultur
Doch jeder kann heut etwas tun
Zum Wohl der anderen, der Natur
In Corona-Zeiten: VIRUS MEDICATUS
Wenn Vorsicht, Vernunft und Ängste sich mischen,
wenn alte Klarheiten sich zunehmend verwischen,
wenn Abstände wachsen und Freiheiten abnehmen,
dann fängt man an, sich nach dem Gewohnten zu sehnen
Wenn der Mensch nicht mehr kann und die Natur sich erholt,
wenn wir Grenzen erfahren und das Gefühl von 'bedroht',
wenn alles ruft nach dem Status ante quo,
dann wird es Zeit für ein Nicht-mehr-weiter-so!
Wenn das Alte sich auflöst, Prioritäten sich verschieben,
wenn es scheint, als wolle das Schicksal uns sieben
wenn Sicherheiten verschwinden, man sich fühlt wie verlor'n:
dann wird etwas Neues in uns allen gebor'n
Die Maske
Die Maske, die war lang verpönt,
nur Frauen hat sie stets verschönt
In das Gesicht weiß aufgetragen
half sie der Haut bei manchen Plagen
Die Maske war uns nie vertraut,
nur Gangster trugen sie beim Raub
So überfielen sie die Bank
und flohen schnell und unerkannt
Die Maske, die war unbeliebt,
selbst bei dem kleinsten Ladendieb
Die Großstadt aber voller Schmutz
erforderte den Nasenschutz
Die Maske ist dort keine Qual:
im Karneval, im Ritual,
in Opern und in der Magie -
da ist sie voller Energie
Die Maske heut in Bus und Bahn
gibt etwas Schutz – so ist der Plan
Hygiene hat sich oft bewährt
Nur Ängstlichkeit, die wär verkehrt
Beim Einkauf und Besuch der Bank
gilt: unvermummt, ist schon fast krank
Will einer sein Gesicht heut wahren,
darf er beim Maskenschutz nicht sparen
Bild: Thommy Weiss/pixelio.de
GERECHTIGKEIT ist einer der Grundpfeiler unserer Tradition, der auch vorchristliche Motive hat
Der krumme Lutz
Ein Vater hatte einst zwei Söhne,
der eine war gesund und stark,
der andere bekam zumeist nur Häme
als Krüppel war sein Leben karg
Der Vater starb, nun ging's ans Erben
Dem ersten gab er Burg und Hof
Dem krummen Lutz blieb das Verderben,
er schlief im Stall und galt als doof
Sein Anteil ward ihm vorenthalten
So ging er in den tiefen Wald
und konnt' nicht länger an sich halten
Er weinte einfach hemmungslos.
Sobald
er konnte wieder sich erheben,
sah er ein Mütterchen, das spann
Sie fragte ihn nach dem Ergehen
und bot ihm ihre Hilfe an
Drei Jahre pflegte er den Garten,
bestellte dieser Frau das Haus
Er konnt‘ noch mal von neuem starten
gesundete, wurd‘
gradeaus
Dann machten sie sich auf die Reise
und wanderten zum hohen Herrn
Dem Bruder, bat die Alte leise
sollt' er den Anteil nun gewähr'n!
Der Burgherr warf sie aus dem Zimmer,
beschimpfte sie als Lumpenpack
Die Frau nahm ihren Stock: ‚Für immer
geschehe Dir, was du da sagst!‘
Sie stieß den Spinnstock in die Linde,
die Vögel flohen furchterregt
Die Burg, der Herr und sein Gesinde,
sie wurden bald hinweggefegt
Das Glück verließ sie allerorten
Die Burg verfiel, der Bruder starb
Das Gold, das konnten sie noch horten
Das nahm er nicht mit in sein Grab
Der Lutz bekam das halbe Erbe
und zog damit in fernes Land,
erwarb ein Gut und etwas Erde
und fand die Frau, die zu ihm stand
Noch einmal wollt' er sie noch sehen,
die Frau, bei der er sich gemüht
Sie fand er nicht - ein leises Wehen
gab Frieden ihm in sein Gemüt
Nach der Sage 'Der krumme Lutz vom Schellenberg am Main', Karl Paetow, Frau Holle: Volksmärchen und Sagen S. 26ff
Der Riese Nimmersatt
Kennst Du den Riesen Nimmersatt,
der wohl ein Herz aus Steinen hat
Er will so viel und immer mehr,
der Reichtum wird ihm nie zu schwer
Was er mal hat, will er behalten
und möcht‘ mit Macht auf Erden walten
Er nimmt, was immer ihm gefällt
und münzt es um in kleines Geld
Er fällt die Bäume, tötet Tiere
und achtet keins ihrer Reviere
Er herrscht und er bestimmt allein
und alles, was da ist, ist sein
Er forscht und er will alles wissen
und ordnet seine Welt beflissen.
Da sprach zu ihm der hohe Berg:
Steh einmal still, du kleiner Zwerg
Bedenke, was Du tust auf Erden,
sonst wird noch Schlimmeres uns werden
Nutz dein Talent und deine Macht
und handle weise, mit Bedacht
Wir sind doch alle miteinander
in einem Boot und aufeinander
angewiesen und verwandt
So lass uns achten dieses Band!
Die Jotamfabel
So viele Bäume, allein und in Wäldern
Da sollte sich endlich doch mal was ändern
Man muss heutzutage Ordnung schaffen
Durch Macht und Gewalt - und auch mit Waffen
Ein König, d e r könnte all dieses richten
So hört man in alten Bibelgeschichten
Der Ölbaum wurde zuerst gefragt
Sein Fett wär zu kostbar, hat er gesagt
Der Feigenbaum lehnte ebenfalls ab
Die süßen Früchte wär'n eh schon knapp
Der Weinstock sah überhaupt keinen Sinn
Zu herrschen: ja, wo komm ich da hin!
Der Dornstrauch, ja, der könnt' es machen
Da hätte man Zuflucht in seinem Schatten
Der akzeptierte in seiner feurigen Kraft
Und hat zukünftig stechend bestraft
Eine herrschaftskritische Fabel aus dem biblischen Buch der Richter (9/8-15):
„Einst machten sich die Bäume auf, um sich einen König zu salben, und sie sagten zum Ölbaum: Sei du unser König! Der Ölbaum sagte
zu ihnen: Soll ich mein Fett aufgeben, mit dem man Götter und Menschen ehrt, und hingehen, um über den anderen Bäumen zu schwanken?
Da sagten die Bäume zum Feigenbaum: Komm, sei du unser König! Der Feigenbaum sagte zu ihnen: Soll ich meine Süßigkeit aufgeben und meine guten Früchte und hingehen, um über den anderen Bäumen zu
schwanken?
Da sagten die Bäume zum Weinstock: Komm, sei du unser König! Der Weinstock sagte zu ihnen: Soll ich meinen Most aufgeben, der Götter und Menschen erfreut, und hingehen, um über den anderen Bäumen zu
schwanken?
Da sagten alle Bäume zum Dornenstrauch: Komm, sei du unser König! Der Dornenstrauch sagte zu den Bäumen: Wollt ihr mich wirklich zu eurem König salben? Kommt, findet Schutz in meinem Schatten! Wenn
aber nicht, dann soll vom Dornenstrauch Feuer ausgehen und die Zedern des Libanon fressen.“
Knüppel aus dem Sack!
Insekten sterben, Blüten verderben,
der Wald wird gefällt
Unser Vieh, das leidet, seine Würde beschneidet
der Mensch, der sie hält
Die Meere vermüllen mit Plastikhüllen,
werden leer gefischt
Die Lüfte verschmutzen, Eisberge rutschen
Wer nimmt uns in Pflicht?
Viel‘ Arten verschwinden, die Menschen versinken
in ihrer Welt.
Man ist gut vernetzt und meistens gehetzt
und hat es erwählt
Unser Tisch ist gedeckt, der Esel gestreckt,
nur die Freude ist fort.
Der Knüppel im Sack war für’s Diebespack
und gehorchte auf’s Wort
Wer die Erde ausraubt, wer sich alles erlaubt,
d e r muss ihn spür’n
Der Jüngste und Klügste, der wachsam Liebendste,
d e r soll ihn führ‘n
Eine Hommage an Hoffmann von Fallersleben zu seinem gleichnamigen Gedicht auf das Märchen ‚Tischlein deck dich!‘ KHM
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Bevor man die Welt verändert,
wäre es vielleicht doch wichtiger,
sie nicht zugrunde zu richten.
Paul Claudel, franz. Dichter und Staatsmann, 1868-1955