Politik und Gesellschaft
Unter 'Politik' verstehen die Menschen in der Regel das, was die Regierung und die Parteien diskutieren, bestimmen und machen. Schauen wir auf das Wort, sehen wir aber, dass es ursprünglich mehr meint: Polis (griechisch) ist die Stadt: Politik meint also die Sorge um die Stadt, um das Gemeinwohl. Jeder, der sich nicht nur um seine eigenen Belange kümmert, sondern sich auch für das Wohl anderer einsetzt, mit denen er zusammenlebt, handelt politisch. Ob man Müll im Wald aufliest, ob man sich für junge oder alte Menschen einsetzt, ob man im Tafel- oder Weltladen mitarbeitet, ob man in einer Partei oder in einem Naturschutzverein sich engagiert: das alles gehört zur Politik, zum Gemeinwohl dazu.
KLEINE STAATSKUNDE
Politik, da hat man manchmal Recht,
ist auch ein schmutziges Geschäft
Doch würde man es nicht betreiben,
hätt' man noch sehr viel mehr zu leiden
Fast jeder möcht' in Frieden leben,
nach seinem Glücke selber streben
in Wohlstand und Gerechtigkeit,
Gesundheit, Arbeit, Sicherheit
Der Staat soll all die Güter schützen,
soll wenig fordern und viel nützen
Gewalt ausüben, Ordnung wahren,
die Armen stützen und noch sparen
Zudem soll er den Feinden wehren
mit Waffen, Strategie und Heeren
Denn steht der Feind erst mal im Land,
hat man einen schweren Stand
Was lernen wir aus alledem?
Das 'eig'ne' Glück - ist zu bequem
Nur miteinander wird's geschafft
W i r sind der Staat und haben Kraft!
In guten Zeiten kann entschweben,
wie sehr wir voneinander leben
Lasst die Gemeinschaft nicht erkalten
und uns'ren Staat in Ehren halten!
Ratfink1973 - Pixabay
Was uns gehört
Die Wälder sind nicht ‚uns’re‘ Wälder
Noch Ozeane ‚unser‘ Meer
Gebirge sind nicht ‚uns’re‘ Berge
Die Sterne niemals ‚unser‘ Heer
Doch Wälder sind auch ‚uns’re‘ Wälder
Und Ozeane ‚unser‘ Meer
Gebirge sind auch ‚uns’re‘ Berge
Wir wohnen hier im Sternenheer
Die Kinder haben 'ihre' Seele
Doch nehmen wir sie an die Hand
Wir sind ja Teil der großen Reise
Und knüpfen mit am Weltenband
Wettersteingebirge mit Zugspitze im Abendrot
DER UMWELTPREIS 2020 GEHT AN ...
Der Himmel war noch nie so klar,
die Luft so frisch und wunderbar,
das Wasser in dem Bach und Fluss
so sauber und ein Hochgenuss
Wer hat die Umwelt so bereinigt,
das ganze Leben so entschleunigt,
beruhigt den ganzen Luftverkehr?
Ja, selbst Autobahnen wurden leer!
Wer schwang hier mal den großen Besen?
Politiker sind’s nicht gewesen
Den Umweltpreis für dieses Jahr
gäb' ich CORONA, sonnenklar!
DAS LEISE STERBEN
Für's
Klima wird schon was getan,
Orkane, Flut will keiner hab'n
Brutale Hitze, Dürrezeiten:
da muss jedes Wesen leiden
Daneben
aber gibt‘s ein Sterben,
ein langsam wachsendes Verderben
der alten, großen, reichen Wälder,
der bunten Wiesen, Moore, Felder
Der Mensch
nimmt sie für seine Zwecke,
missbilligt jede wilde Hecke,
baut breite Straßen, starke Zäune,
zerschneidet große Lebensräume,
die alle
Tierwelt für sich braucht,
baut Mais und Raps und was da taugt
für seinen Nutzen und Bedarf.
Agrarwirtschaft ist längst entlarvt
als ein
Vergifter und ein Quäler
Die Politik schielt auf die Wähler,
die Massenwirtschaft darf florieren
Wen kümmert's, was da mit den Tieren
und den
Pflanzen heut' geschieht?
Ihr Leid ist still, ihr Schmerz verzieht ...
Rebhühner, Lerchen, Bekassinen,
die Schmetterlinge und die Bienen,
die
Fledermäuse, Salamander,
verschwinden still und miteinander
So viele stecken tief in Nöten,
auch Kühe, Schweine, Fische, Kröten
Erhalten
wir doch für sie Räume,
bewahren, pflanzen viele Bäume!
Geht’s ihnen gut, dann ist es golden
Verderben sie, werden wir folgen
GERECHTIGKEIT ist einer der Grundpfeiler unserer Tradition, der auch vorchristliche Wurzeln hat
Der krumme Lutz
Ein Vater hatte einst zwei Söhne,
der eine war gesund und stark,
der andere bekam zumeist nur Häme
als Krüppel war sein Leben karg
Der Vater starb, nun ging's ans Erben
Dem ersten gab er Burg und Hof
Dem krummen Lutz blieb das Verderben,
er schlief im Stall und galt als doof
Sein Anteil ward ihm vorenthalten
So ging er in den tiefen Wald
und konnt' nicht länger an sich halten
Er weinte einfach hemmungslos.
Sobald
er konnte wieder sich erheben,
sah er ein Mütterchen, das spann
Sie fragte ihn nach dem Ergehen
und bot ihm ihre Hilfe an
Drei Jahre pflegte er den Garten,
bestellte dieser Frau das Haus
Er konnt‘ noch mal von neuem starten
gesundete, wurd‘
gradeaus
Dann machten sie sich auf die Reise
und wanderten zum hohen Herrn
Dem Bruder, bat die Alte leise
sollt' er den Anteil nun gewähr'n!
Der Burgherr warf sie aus dem Zimmer,
beschimpfte sie als Lumpenpack
Die Frau nahm ihren Stock: ‚Für immer
geschehe Dir, was du da sagst!‘
Sie stieß den Spinnstock in die Linde,
die Vögel flohen furchterregt
Die Burg, der Herr und sein Gesinde,
sie wurden bald hinweggefegt
Das Glück verließ sie allerorten
Die Burg verfiel, der Bruder starb
Das Gold, das konnten sie noch horten
Das nahm er nicht mit in sein Grab
Der Lutz bekam das halbe Erbe
und zog damit in fernes Land,
erwarb ein Gut und etwas Erde
und fand die Frau, die zu ihm stand
Noch einmal wollt' er sie noch sehen,
die Frau, bei der er sich gemüht
Sie fand er nicht - ein leises Wehen
gab Frieden ihm in sein Gemüt
Nach der Sage 'Der krumme Lutz vom Schellenberg am Main', Karl Paetow, Frau Holle: Volksmärchen und Sagen S. 26ff
Die Jotamfabel
So viele Kämpfe und so viel Leiden
So ein Chaos und wildes Treiben!
Muss man nicht einmal Ordnung schaffen?
Die Welt regier'n mit Macht und Waffen?
Ein König, d e r könnte all dieses richten
So hört man in alten Bibelgeschichten
Der Ölbaum wurde zuerst gefragt
Sein Fett wär zu kostbar, hat er gesagt
Der Feigenbaum lehnte ebenfalls ab
Die süßen Früchte wär'n eh schon knapp
Der Weinstock sah überhaupt keinen Sinn
Zu herrschen: ja, wo komm ich da hin!
Der Dornstrauch, ja, der könnte es machen
Der böte Zuflucht in seinem Schatten
Er akzeptierte - und herrschte fortan
Mit feuriger Macht und dornigem Zwang
Nach Richter 9/8-15
Bevor man die Welt verändert,
wäre es vielleicht doch wichtiger,
sie nicht zugrunde zu richten.
Paul Claudel, franz. Dichter und Staatsmann, 1868-1955