DIE WELT
Die Entstehung der Welt
Dass magisch Gott die Welt erschuf,
allein mit seinem Wort und Ruf
und als ein Vater hoch regiert:
so hat man’s lange akzeptiert
Doch dieses Bild ist sehr verkürzt,
mit Männermacht dazu gewürzt
Nach allem, was wir überseh’n,
sind doch Entwicklungen gescheh‘n
Denn in der langen Erdgeschichte
sind Menschen erst mal kleine Wichte
Gedauert hat sie Jahrmilliarden -
dann wuchs der wilde Erdengarten
Das Leben hier auf dieser Erde,
das war im Ganzen schon die Härte
In uns’rem Land hat man gedacht:
aus Eis und Feuer wurd’s gemacht
Der Norden war bedeckt von Eis,
der Süden trocken und sehr heiß
Wo sich die Elemente trafen,
entstand‘ ein Ries, YMIR mit Namen
und aus dem Reif noch eine Kuh
Die gab ihm ihre Milch dazu
AUDHUMLA leckte nur die Steine
Auf einmal sah man ein paar Beine,
dann ganze Wesen, die erwachten,
die sich bewegten, Liebe machten
Drei starke Söhne zeugten sie,
die waren so voll Energie
dass sie YMIR das Leben nahmen
- da gab's noch keinen festen Rahmen -
So schufen sie aus ihm die Welt,
das Land, das Meer, das Himmelszelt,
das Reich der Götter, das der Menschen
- man wusste auch noch nichts von Grenzen -,
das Reich der Riesen, Elfen, Zwerge
Die Söhne gingen klug zu Werke
Die Weltenesche in der Mitte:
sie war das Band und auch die Brücke
Neun Welten war‘n hier angesiedelt,
beschützt von NORNEN - und gezügelt
*
Noch ist die Erd‘ ein Riesenreich
Der Weltenbaum mit seinem Teich
ist noch bewahrt und hat den Raum
Oh Mensch, säg nicht am Lebensbaum!
Ýmir und Auðhumbla. Bronzeskulptur von Einar Jonsson (1874–1954) in Reykjavik
ASK UND EMBLA
Ist der Mensch mit den Bäumen verwandt,
verwurzelt nach unten mit festem Stand,
nach oben zum Licht gen Himmel entfaltet,
so strebend wie sie und aufrecht gestaltet?
Man könnte es meinen, so sagen die Alten
So hat man erzählt von Meeresgewalten,
die spülten einst zwei Stämme ans Land -
man hat sie Ask und Embla genannt
Die Esche und Ulme wurden entdeckt,
zu Mann und Frau von den Göttern erweckt
Der Wodan hauchte in sie das Leben,
Wili hat die Vernunft gegeben,
Lodur das Blut und gute Farbe -
da fehlte nur noch eine Aufgabe!
Familie gründen und sich vermehren,
von Pflanzen und Tieren sich zu ernähren,
für sie zu sorgen, dass alles gedeiht,
das Land zu bebau’n zu seiner Zeit
So mögen auch wir wie die Bäume leben:
in Eintracht und Vielfalt und hohem Streben
Nach der germanischen Mythologie gingen Odin, Hönir/Wili und Loki (Lodur) am Meeresstrande entlang und kamen zu zwei angespülten Bäumen am Meeresstrand, einer Esche und einer Ulme. „Aus diesen beiden Bäumen“, sprach Odin zu seinen Brüdern, „lasst uns Menschen machen, auf dass Midgard, die schöne fruchtbare Erde, von ihnen und ihren Nachkommen bewohnt und bebaut werde und wir an ihrem Tun und Treiben, Ringen und Sterben, Blühen und Gedeihen Freude haben!“
So sprach Odin, der Allvater, und sie schufen aus der Esche einen Mann und aus der Ulme ein Weib. Odin verlieh ihnen Geist und Leben, Hönir gab Verstand und Bewegung hinzu, Loki spendete ihnen die Sinne, Gefühle, blühende Farbe und Sprache.
So stand das erste Menschenpaar vor den Göttern, und Odin streckte seine Hand aus über Midgard und sprach zu den Neuerschaffenen: „Seht! Dies Land ist eure Heimat! Hier sollt ihr fortan wohnen, Tiere züchten und zähmen, das Land bebauen und die Früchte der Bäume und des Feldes essen – ihr und eure Kinder und Kindeskinder!“ Da folgten sie seinem Gebot; und von ihnen stammen alle Völker germanischer Zunge, welche das weite Midgard bewohnen.
DIE RIESEN
Die Alten sprachen viel von ihnen,
die unseren Respekt verdienen
Die Riesenkräfte der Natur
sind von gewaltiger Statur
Die weiße Welt lässt uns erfrieren,
die Bergeshöh' kapitulieren
Die Feuerzungen uns verzehren
und Sümpfe uns den Weg verwehren
Der Sturmwind packt mal heftig an,
die hohe See schluckt Maus und Mann
Der Wald lässt dich nicht mehr hinaus,
ein Erdstoß begräbt Dorf und Haus
Doch sind sie nicht nur dumm und mächtig,
denn manche sind auch weise, prächtig
Die Quelle ist fast unerschöpflich,
der Sternenhimmel unermesslich
Die Bergeshöhle nimmt dich auf,
der Fluss sucht seinen besten Lauf
Der Wind weht grade, wie er will,
die Abendröte macht dich still
Vulkane, Hitze, starke Beben:
die Riesen wird es immer geben
Orkane, Fluten und Gewitter -
nur Menschentorheit, die ist bitter
DIE ZWERGE
Sie wohnten in Felsen, hausten im Boden
Die Geister der Erde war‘n dort aufgehoben
Sie mieden das Licht, war‘n tüchtige Schmiede
Sie hüteten Schätze und kannten die Liebe
Heut finden wir sie in so mancher Geschichte
Die Kinder lieben die freundlichen Wichte
Weißbärtig und nett steh’n sie in den Gärten
Doch ungeliebt kann man auch bösartig werden
Die kleinen Leut‘ hat man oft unterschätzt
Mit Buckel, Krummnase, Bauch, untersetzt
Nicht mal ein Gott kann die Werke vollbringen
Die Kräfte der Erde schaffen magische Dinge!
Die Zwerge sind in der germanischen Mythologie älter als die Menschen. Sie entstanden zur Urzeit aus den Maden, die sich im verwesenden Leichnam des Urriesen Ymirs gebildet hatten. Damit ist ihr abstoßendes Äußeres schon vorgegeben. Daneben schrieb man ihnen auch noch einen bösen, habgierigen und listigen Charakter zu. Es gab aber unter ihnen die gutmütigen und freundlichen genauso wie die hässlichen und gemeinen. Bekannt sind sie als geschickte Handwerker, die in der Lage sind, magische Gegenstände herzustellen. Thor verdankt ihnen seinen Hammer, Freya ihren Halsschmuck, Odin seinen Ring und seinen Speer, die Fessel des Fenriswolfes ist eine Zwergenarbeit, sogar der Dichtermet verdankt sich dem Blut eines Zwerges (Kvasir).
Sie wohnen in der Erde und brauchen ihr Dunkel. Sonnenlicht scheuen und meiden sie. Sie sind überwiegend männlich, nur ein einziger von 200 Namen in der Edda ist weiblich. Die Zwerge sind Bewohner der Anderswelt wie die Götter auch. Das christliche Mittelalter hat sie später dämonisiert: sie würden das Glockengeläut nicht ertragen etc.
ALWIS
Er war der Wissendste aller Zwerge
Im Fels war sein Haus tief unter der Erde
Die Tochter des THOR, sie wurd‘ ihm versprochen
Als der Vater heimkehrte, hat er widersprochen:
„Bevor meine THRUD sich ins Erdreich begibt
Einen Zwergen heiratet, umsorgt und liebt
Will ich dich prüfen mit einigen Fragen
Du sollst mir alle die Namen sagen
Die in den Welten gebräuchlich sind
Von Himmel und Erde, Wolken und Wind!“
Er tat’s ohne Fehl, die Nacht ging dahin
Und THOR war begeistert und hielt ihn hin
Mit Frage um Frage. Ohne Misstrau‘n
Erwiderte der bis zum Morgengrau‘n
Der erste Sonnenstrahl fiel da herein
Und ALWIS, der Zwerg, erstarrte zu Stein
Dem Zwerg ALWIS (der ‚Allweise‘) war in Abwesenheit THORS von den Göttern dessen Tochter Trudh als Gegenleistung für die von ihm geschmiedeten Waffen versprochen worden. Der Donnergott verwickelt den unerwünschten Schwiegersohn in einen Wissenstest, von dessen Ausgang er die Übergabe seiner Tochter abhängig macht. ALWIS soll verschiedene Elemente und Ereignisse der Natur bei Menschen, Göttern, Alben, Zwergen und Riesen benennen. Treu beantwortet ALWIS alle Fragen und vergisst darüber die Zeit. Als die ersten Sonnenstrahlen in die Hallen Asgards fallen, erstarrt der betrogene Zwerg zu Stein. Im Gegensatz zu seinem Vater ODIN im Wafthrudnir-Lied siegt THOR nicht durch Wissen, sondern durch List.
WIE IST DIE WELT?
Die Welt, sie ist, man glaubt es kaum
Die Alten sagten: wie ein Baum
Die Unterwelt ganz tief verborgen
Da sind die Wurzeln, ist’s geworden
Die Mittelwelt am hellen Tage
Schenkt einen Becher Glück und Plage
Die Himmelswelt ist lichtvoll prächtig
Die Geistesblitz kommt fein, doch mächtig
Am Fuß des Baum's sind wir ein Zwerg
Was zählt schon unser kleines Werk?
Was können wir am Weltgang ändern
Wir kleine Bürger an den Rändern?
Wir sind die, die den Baum begießen
Wir sind die Blätter, die grün sprießen
Wir sind der Drache, der da nagt
Sind auch die Krankheit, die ihn plagt
Die Runen sprechen, deuten still
Sie zeigen, was da werden will
So lang wir diese Erde hegen
Gibt uns der Weltenbaum den Segen
MIMIRS BRUNNEN
Am Fuß des Weltenbaumes
Entspringt ein kühler Quell
Bewacht von einem Riesen
Im Geiste klar und hell
Den muss man überzeugen
Dass man auch würdig ist
Von diesem Brunn zu trinken
Der in der Stille spricht
Ein Schluck von seinem Wasser -
Der Geist wird ruhig und klar
So kann man leicht erkennen
Was falsch ist - und was wahr
Dem Riesen etwas opfern
Von seiner äuß’ren Welt
Das ist der Weg nach innen
Allein auf sich gestellt
Ein Aug schaut so nach innen
Ein Ohr hört, was da spricht
Ein Auge schaut nach draußen
Und liebt das Angesicht
Der Urbrunnen in der nordischen Mythologie birgt die Wasser, die den Weltenbaum tränken. Er ist die Lebensgrundlage schlechthin. Auch in der Bibel erscheinen die Lebenswasser und der Lebensbaum dicht beeinander (1. Mose 2/9ff, Ofb 22/14.17). Der mythische Brunnen wird in der Edda dreifach entfaltet:
- als Schöpfungsbrunnen Hvergelmir, der Wasser und Leben gibt
- als Schicksals- oder Urdbrunnen, an dem die Nornen weilen, die Schicksalsfäden spinnen und den
Weltenbaum gießen
- als Brunnen Mimirs, Quelle der Weisheit und des Wissens.
DAS THING
Die Götter kamen jeden Tag
Zum Weltenbaum und hielten Rat
In seinem Schatten wurd erwogen
Und Schlüsse dann daraus gezogen
Die Nornen luden dazu ein
Denn Frauen m u s s t e n dabei sein
Dem Frieden eine Chance zu geben
Damit auch alle danach streben
So hielt man es denn auch auf Erden
Gerechtigkeit soll sein und werden
Man traf sich unter freiem Himmel
Weit weg von allem Kriegsgetümmel
Besprach sich unter einem Baum
Ein jeder hielt sich dort im Zaum
Hielt Thing nach alter Götter Sitte
Sprach Recht, beriet die nächsten Schritte
Ein Thing war eine Volks- und Gerichtsversammlung nach altem germanischen Recht. Die Thingstätte lag häufig etwas erhöht oder unter einem Baum, aber immer unter freiem Himmel. Die dort verhandelte Sache wurde im Neudeutschen zum ‚Ding‘ (engl. ‚thing‘). Mit der Eröffnung der Versammlung wurde der Thingfriede ausgerufen. Als Schutzherr des Things galt der altgermanische Gott TYR. In vorchristlicher Zeit sollen Thingplätze auch kultischen Zwecken gedient haben.
Alte Gerichtseiche bei Holzhausen (Reinhardswald)
DREI FEINDE
Drei Feinde kennt die alte Welt
Von denen man nicht gern erzählt
Als Kinder eines Paars von Riesen
Da glichen sie an Kraft auch diesen
Ihr Vater LOKI war sehr schlau
Angrboda eine Riesenfrau
Auch ihre Kinder brachten Ängste
Die Gefahr, die wurd‘ die längste
Die Schlange wohnt im tiefen Meer
Als Drache fürchtet man sie sehr
Doch nimmt man mal die Ängste weg
Erfüllt sie ihren guten Zweck
Die Kraft, die in den Tiefen wohnt
Die, wenn sie steigt, niemand verschont
Die, wenn sie ruht, uns reich beschenkt
Mit Friedensmacht uneingeschränkt
Der Wolf, das ist der zweite Feind
Der in der Seele dir erscheint
Er reißt und frisst, was er grad findet
Wohl dem, der ihn bezähmt und bindet
Als letztes wartet dann der Tod
Die HEL beendet alle Not
Doch auch das Glück, die Lebensfreud
Das Totenreich die Sonne scheut
Angrboda, die „Angstbotin“, -bringerin, war die Mutter, Loki, „der Luftige" der Vater der drei Kinder, die die alten Germanen fürchteten. Mit der Riesin zeugte Loki drei Kinder, die, nach einer Prophezeiung, sich einst am Ende der Zeiten erheben und das Ende der alten Götter und Welt einläuten werden: die Midgardschlange, der Fenriswolf und die Totengöttin HEL.
DIE MIDGARDSCHLANGE
Das feste Land, das grenzt ans Meer
Von dort kommt alles Leben her
Für uns ist das nicht ungefährlich
Und eine Seefahrt meist beschwerlich
Die Schlange, sagte man, lebt dort
Tief unten in dem Meereshort
Der THOR, der wollte sie da angeln
An Kraft und Mut tat's ihm nicht mangeln
Mit einem Ochsenkopf als Köder
So ging er vor, der Schwerenöter
Und s i e biss an und schoss herauf
E r sprang zurück - und gleich darauf
Trat er durch's Boot hindurch auf Grund
Die Schlange öffnete den Schlund
Doch er stand fest und griff zum Hammer
Er holte aus, doch welch ein Jammer:
Der Riese war noch etwas schneller
Wahrscheinlich auch bedeutend heller
Dem HYMIR es zu danken ist
Dass er die Angelschnur durchschnitt
Dem Meere seine Wildheit ließ.
Denn niemand uns zu angeln hieß
Nach solchen Kräften, giftig-rohen
Die dann und wann uns arg bedrohen
Die Schlange fuhr zurück ins Meer.
Es kommt ja nicht von ungefähr
Dass wir bewahrt sind in den Grenzen
Die uns gegeben sind als Menschen
Ja, uns're Welt, die ist gefährdet!
Wenn man das Leben hoch bewertet
Wird man das Seine dazu tun
Dass wir im Frieden in uns ruh'n
In vielen Traditionen gibt es die große Schlange, den Meeresdrachen. Bei unseren Vorfahren war es die Midgardschlange, die in den Urwassern die Welt umgab und sich wieder in den Schwanz beißt. Sie war Trägerin von Urängsten und Spiegel der Gefahren, die den Menschen und seine Welt gefährden. Sie ist ein Ursymbol der Lebenskraft, der Heilung, wie auch der Bedrohung - und zugleich ein reales Tier, das viele Ängste in uns weckt. Die Mythen unserer Vorfahren sahen in der Schlange eine tödliche Gefahr: im Ozean schlummert sie und umgibt uns vollständig. Der erste 'Drachentöter' war THOR, der sich einmal richtig mit ihre angelegt hat. Er fuhr mit dem Riesen Hymir in einem Boot auf's Meer hinaus und warf seine Angel aus ...
DER FENRISWOLF
D e n Wolf, den kann man leise ahnen
Der gerne ausbricht aus den Bahnen
Umherstreift, frisst, was er grad findet
Sich nirgendwo so richtig bindet
Ein junges Lamm, ein zartes Reh
‚Das junge Ding ich gerne seh!‘
Ein Hirsch, ein Hase, ein Fasan
‚Ich folge meinen Speiseplan‘
In Banden ist er schon verträglich
Da heult er, ist er gar nicht schädlich
Entfesselt aber – weh dem Land!
Da ist er außer Rand und Band
Zuletzt, da muss er selber sterben
Ereilt ihn selbst jenes Verderben
Nur reißen, fressen und verzehren –
Man sollt auch seine Seele nähren
So wie die Menschen Ahnungen haben vom Werden und von der Entstehung der Welt, so haben sie auch Ahnungen von ihrem Vergehen. Ein anderes Tier, das wie die Schlange Urängste in uns weckt, ist der Wolf. Der mythische Wolf ist nicht das schamanische Krafttier, auch nicht der reale Wolf, der durch die Wälder streift. Der Fenriswolf ist das, was unsere Ängste aus ihm gemacht haben. Er ist von seiner Bedeutung her der ‚Sumpfwolf‘. Es sind die unheimlichen Tiefen der Seele und der Welt, die hier berührt sind. Die sumpfigen Gewässer können alles verschlingen, sie können aber auch wieder neues Leben hervorbringen.
Im Mythos ist es eine Prophezeiung, die dazu führt, dass er gebunden und gefesselt wird – und sich dann einst losreißen und kämpfen wird. Als solche muss er auch ein Stück anerkannt werden als etwas, das in der Tiefe unserer Seele und der Welt schlummert, die unter bestimmten Umständen auch entfesselt werden kann, wie wir das in 2 Weltkriegen z.B. direkt erlebt haben.
Vidar im Maul des Fenrir 1908
WIE KAM DAS ÜBEL IN DIE WELT?
Das Übel kam in uns're Welt
Im Orient hatte man's erzählt
Durch eine Frucht an einem Baum
'Erkenntnis' heißt der Menschheitstraum
Im Westen hat man festgestellt
Durch einen Riesen stirbt die Welt
Die Klugheit wird auch hier zum Sünder
Der LOKI ist's - und seine Kinder
E r ist der Geist als Urgewalt
Der oftmals wechselt die Gestalt
Der immer sucht - und immer findet
Und sich an keine Ethik bindet
Die Klugheit ist ein hohes Gut
Ein Überlebensattribut
Der 'Homo sapiens' hat die Macht
S i e hat uns alles das gebracht
Den Keil, das Rad, die Axt, das Schwert
Die Schrift, das Glas, die Uhr, den Herd
Das Netz, den Fotoapparat
Die Säge und das Glyphosat
Man kann das Übel überwinden
Und kann auch etwas Bess'res finden
Man kann mit seinen Gaben dienen
Dem Wohl der Wesen - und dem Frieden
Anm.: Der Riese LOKI wurde in der nordisch-germanischen Mythologie von ODIN in einer Blutsbrüderschaft in die Götterwelt aufgenommen und diente ihr mit seiner Findigkeit und seinem Scharfsinn, schadete ihr aber auch durch sein rücksichtsloses Verhalten. Letztlich haben sie ihn wieder ausgeschlossen und an einen Felsen geschmiedet. Doch am Ende rächt sich alles doch, denn er und seine Kinder (der Fenriswolf und die Midgardschlange) reißen sich los und führen den Untergang der bestehenden Welt herbei.
In der jüdisch-christlichen Tradition läuft es nicht so viel anders. Die Urversuchung am Erkenntnisbaum mit seiner klugen Schlange führt zu einem katastrophalen Ende (Offenbarung Johannes) und einem Neuanfang.
Bild: Loki auf dem Snaptunstein, 1000 n.Chr., Dänemark
RAGNARÖK
Wenn ganze Völker sich bewegen
Sie wandern und nach Neuland streben
Das Land mit Kriegen überziehen
Es plündern, so dass viele fliehen
Da fühlt man schon ein Weltenende
Und glaubt fast nicht mehr an die Wende
Da musst was Neues aufersteh’n
Im Frankenreich hat man’s geseh’n
Wenn jährlich viele Arten sterben
Menschen selbst das Meer verderben
Wenn große Regenwälder brennen
Und viele um ihr Leben rennen
Wenn die Insekten hier verschwinden
Und Menschen nichts dabei empfinden
Wenn sich das Klima drastisch ändert
Ein jeder nur zum Shoppen schlendert
Wenn nun die Pole schneller schmelzen
Und sich die Meeresfluten wälzen
Wenn sich die Menschheit weiter mehrt
Und wohl bald alles hier verzehrt
Dann fühlt man auch ein Weltenende
Und glaubt fast nicht mehr an die Wende
Da w i rd es Katastrophen geben
Und einen Ausgleich, Überleben
Ragnarök ist das Endschicksal der Götter, der Untergang der Welt(en). Das Ende kündigt sich durch Katastrophen und gesellschaftliche Veränderungen an: ein dreijähriger Fimbulwinter, Ehebruch und Mord innerhalb der Sippen, die Weltenesche fällt, die Erde versinkt im Meer, die Sonne verlöscht. Die Hauptgötter der Germanen sterben in den Ragnarök durch die schon vorher bekämpften Mächte des "Chaos". Die Erneuerung der Welt wird durch das Überleben der Söhne der alten Götter dargestellt. Auch zwei Menschen, Lif und Lifthrasir, überleben und von ihnen stammen die neuen Menschen ab.