MÄNNLICHE GOTTHEITEN
Die männlichen Götter repräsentieren tendenziell die himmlischen, lichten Kräfte, die weilbichen die erdhaften, natürlichen.
TYR - der Himmelsgott für Recht und Streit
TYR (Tiuz) ist der Himmels-, Rechts- und Kriegsgott der Germanen. Sein Name stammt vom älteren "djevs" ab, was so viel wie Himmel oder Licht bedeutet. Tyrs Symbol ist der Speer oder das Schwert, womit er nicht nur Schlachten schlägt, sondern auch das Thing, die Versammlung schützt. Er verkörpert den Krieger, der ehrenhaft kämpft, mit Mut, Geschick und Strategie, nicht den, der sich blind ins Getümmel oder Abenteuer stürzt.
Nachdem Kampf und Kriegsfahrt zur ersten und wichtigsten Lebensaufgabe der Germanen geworden war, wandelte sich die leuchtende, in erhabener Ruhe über den Wolken in lichten Himmelshöhen thronende Gestalt des indogermanischen Göttervaters zum schwertfrohen Helden. Tiuz wurde zum Kriegsgott. So lernten ihn dann auch später die Römer kennen, die ihn mit ihrem Mars verglichen. Der Himmelsvater griff zum Schwert. Erstens um zu kämpfen, zweitens um zu richten und Recht zu sprechen, die wichtigsten Eigenschaften dieses Gottes.
Der Namenstag des Tyr ist der Dienstag (Tirsdag, Tisdag, Tuesday), sein Symbol die Rune Teiwaz (ᛏ), die man früher gerne in Schwerter einritzte.
Die bedeutendste Mythe über ihn ist sein Einsatz gegen den hoch gefährlichen Fenriswolf (‚Sumpfwolf‘). Als Kind des zwielichtigen Loki und einer Riesin hatte er dessen Dunkelheit und deren Kräfte. Keiner traute sich an ihn heran außer TYR, der ihm zur Beruhigung und als Unterpfand für den ‚Kräftetest‘ seine Hand ins Maul legt, um ihn dann mit einem Faden zu binden, der harmlos aussieht, aber magisch geladen ist. Als der Wolf merkt, dass er tatsächlich gebunden war, beißt er die Hand ab. Dieses Opfer zeichnet Tyr als den mutigsten aller Asen aus. Seine Tat galt der Überwindung höchst gefährlicher und bösartiger Kräfte, die den Bestand der Welt bedrohten. Am Ende, so heißt es, wird der Wolf sich aber doch losreißen und sein Werk tun, wird selbst den Göttervater verschlingen, der ihn aufgezogen hat. Doch sein Sohn wird sein Maul nehmen und ihn zerreißen. Mit diesen und ähnlichen Ereignissen stirbt die alte Götter-Generation im Ragnarök und eine neue wird in einer anderen Welt einen Neuanfang machen. Das erinnert von Ferne her doch auch an das Opfer Christi, das dem Bösen in der Welt und der Schuld der Menschen galt. Auch dieses Opfer konnte die Welt noch nicht erlösen und befrieden, nur die Sühne ist geleistet und der ‚Schuldschein‘ zerrissen (Kol 2/14). Am Ende kommt es ebenfalls zu apokalyptischen Kämpfen und einer neuen Welt (Offb 6ff).
Wofür soll man kämpfen?
Man muss nicht immer Kriege führ’n,
Gewalt und Hass, Begierden schür’n
Man kann mal etwas Gutes schaffen,
was allen dient, ganz ohne Waffen
Der Dienstag ist der Tag des TYR
Er weiß, wozu man kämpft, wofür
Gepriesen sei des Lichtes Kraft,
die leuchtet, wärmt, das Leben schafft!
Die Menschen wollten Kampf und Krieg,
erobern, Beute, Ehre, Sieg
Der Himmelsgott sollt‘ ihnen helfen
TYR, TYR, du bist der höchste, welchen
wir kennen und fortan verehr’n,
woll’st uns’re Tapferkeit vermehr’n!
Dein Speer, er treffe uns’re Feinde!
Dein Schwert beschütze uns’re Freunde!
Wofür soll man den kämpfen, streiten?
Manchmal, um Schlimm’res zu vermeiden,
Leid zu beenden und zu mindern,
zu helfen Schwachen, Kranken, Kindern,
um eine Ordnung herzustellen,
um einen kranken Baum zu fällen,
das Recht zu schützen, durchzusetzen,
um dieses Leben hoch zu schätzen,
um Licht in Dunkelheit zu bringen,
um einen Frieden zu erringen,
sich zu entwickeln mit den Jahren,
um diese Erde zu bewahren!
ODIN/WODAN:
DER SCHAMANISCHE GÖTTERVATER
Man könnte Odin gut als einen schamanischen Göttervater beschreiben. Vielleicht war er einmal ein besonderer Schamane, den man, wie Jesus und andere, nach seinem Tode in die Göttlichkeit erhoben hat. Odin ist im Diesseits wie im Jenseits zu Hause. Als Seelenführer leitet er die Verstorbenen zu ihrer Ruhestatt, als Geistführer hilft er mit seinen Krafttieren den Menschen mit seiner Kraft und Weisheit hier auf der Erde. Sein achtbeiniges Pferd Sleipnir ist eigentlich ein Doppelpferd: eines für den Weg im Diesseits, eines für die Reise in die Anderswelt. Auch seine Begleittiere sind verdoppelt: ursprünglich könnte der Rabe sein Seelenvogel und der Wolf sein Jenseitsbegleiter gewesen sein.
Seine enge Verbindung zum Rauschtrank Odhrörir und dem Skaldenmet kennzeichnet ihn als einen Mann der Ekstase. Auch sein Name Wodan verweist auf ekstatische Erregung, die sich in aggressiver Wut ebenso wie in geistiger Inspiration äußern kann. Dass er zum Kriegsgott wurde, kann mit den Völkerwanderungen in Europa zusammenhängen, die mit dem Hunneneinfall 375 n. Chr. begannen – und mit den wachsenden Konflikten und Kriegen unter den germanischen Stämmen.
Man brauchte jedenfalls einen Gott, der einem in den vielen Kämpfen und fortwährenden Kriegen beistand.
Die Fülle der schamanischen Züge und Fähigkeiten des Göttervaters legen nahe, dass sie ursprünglicher sind als seine Erhebung zum Himmelsgott und Weltenschöpfer.
Bei Odin finden wir
- ein ekstatisches Wesen, das Voraussetzung ist, um mit der Anderswelt in Kontakt zu sein, von dort etwas zu empfangen oder dort unterwegs zu sein
- das Besteigen des Weltenbaums, das Sich-Verwunden und Sich-hinein-Hängen, das zu einer Initiation führt, die ihm Zugang zur Weisheit und Macht der Runen verschafft
- sein achtbeiniges Pferd, das auch die Muria in Indien kennen und die Schamanen Japans und Sibiriens. Es ermöglicht ihm, durch die Welten zu reiten
- seine Fähigkeit, die Gestalt zu wandeln
- seine Fähigkeit, den Geist Toter zu beschwören
- Raben und Wölfe als Begleit- und Krafttiere
- Seine magischen Praktiken, insbesondere den Seidr mit ritueller Tracht, Chor-Musik und Ekstase, die Verborgenes, Kommendes zutage bringen kann
Auch nachdem das Christentum die alten Götter Germaniens entthront und verboten hatte, lebte Wodan im Volk und in der Seele vieler Menschen weiter. Nicht als Kriegsgott, sondern als Fruchtbarkeitsgott und als Anführer der ‚Wilden Jagd‘, ein (nächtlicher) Geisterzug, wo in den heftigen Winterstürmen der Rauhnächte für die Menschen damals die andere Welt manchmal bedrohlich nahe kam. Ursprünglich war der ‚Jäger‘ eine Sagengestalt, die in vielen europäischen Ländern eine Tradition hat, die man hierzulande seit der Renaissancezeit auch mit Wodan identifizierte. Ursprünglich hatte Odin diesen Titel nicht.
Triffst du den Gott auf deinem Weg
Triffst du den Gott auf deinem Weg
So bleib in deiner Mitte
Sei weder furchtsam noch beredt
Sei wach, setz deine Schritte
Der Wodan traf einst einen Mann
Der trunken ward vom Weine
Der ging nach Haus und hielt sich stramm
Doch war er ganz alleine
Ein Sturm hub an, da war es ihm
Als hört‘ er eine Stimme
‚Mann, hast du Kräfte um zu zieh‘n?‘
‚Ja sicher!‘ – und er hielt inne
‚Nimm diese Kette, fasse sie!
Lass uns die Kräfte messen!‘
Der Bauer griff so schnell wie nie
Vom Geistesblitz besessen
Er schlang die Kette um den Baum
Und band sie immer fester
‚Ich bin so weit!‘ Er sprach es kaum
Da zog es – liebe Schwester!
Der Wodan zog und zog, jedoch
Er machte keinen Meter
‚Das ist der Eichenbaum!‘ Und noch
Schon ich Dich, Übeltäter
Er kam herab um nachzuseh’n
Wie’s steht nun mit der Wette
Und sah den Bauer ruhig dasteh‘n
In seiner Hand die Kette
‚Wie machen das noch mal!‘ rief er
Kaum war er wieder oben
Da war das Ziehen eisenschwer
Und er am Wüten, Toben
Die Hunde schlugen plötzlich an
Die Eiche war am Krachen
Dem Bauern wurde angst und bang
Da hörte er ein Lachen
‚Hast gut gezogen‘, sprach die Stimm‘
‚Du bist der Allererste
Den ich im Wettkampf nicht bezwing
Vielleicht nicht grad der fairste!‘
So musst der Bauer nicht mit zieh’n
Durft auf der Erde bleiben
Der Wod warf einen Hirsch ihm hin
Um Hunger zu vertreiben
Er nahm ihn aus, nahm etwas mit
Das Wetter wurde milder
Da wurd’s ihm schwer bei jedem Schritt
Der Hirsch war Gold und Silber!
Nach einer Hannoverschen Sage in C. und T. Colshorn, Märchen und Sagen aus Hannover, 1854.
Der Mittwoch - Wednesday - Wodans Tag
Im Wochentag klingt sie noch an,
jene Welt, die längst vergangen,
so kriegerisch war sie und hart,
nach Ehr und Ruhm stand ihr Verlangen
Dem Wodan war der Tag geweiht,
dem Gott des Krieges und der Toten,
der Weisheit lernte unter Leid,
dem ein Opfer schien geboten
Die Weisheit war nicht leicht zu haben
Am Weltenbaum musst es gescheh’n,
dass er sich hingab mit den Fragen,
bis ihm’s gegeben wurde zu versteh’n
Mit Sleipnir ritt er durch die Welten,
zwei Wölfe schützten ihn dabei
Sie halfen bei der Jagd. Nicht selten
benutzte er auch Zauberei
Zwei Raben waren auch Begleiter
Früh morgens flogen sie hinaus,
am Abend sagten sie dem Reiter,
was so geschah im Weltenhaus
Den Kriegern half er manches Mal,
wenn sie ihn innig darum baten
Doch bald war’n sie dann in Walhall
als Lohn für ihre ganzen Taten
Der Gott am Weltenbaum
Um Runenzeichen zu erlernen,
um sie zu deuten und versteh'n,
um sie zu singen und zu senden,
musst ER zum Weltenbaume geh'n
Er stieg hinauf in seine Äste,
vom Speer verwundet hing er dort
Neun Tage hielt er’s aus, neun Nächte -
da endlich kam ihm Wort um Wort
Er fiel herab vom großen Baum,
als Frucht gereift, in sich die Samen
Nun lernte er und konnt' sie nutzen
die Zeichen all und ihre Namen
Die Zeichen wissen und anwenden,
sie zu befragen mit Inbrunst.
sie einzuritzen und zu senden,
ist magisch und stets hohe Kunst
Hugin und Munin
Der Göttervater reiste nicht allein,
zwei schwarze Raben waren sein
Früh morgens flogen sie hinaus
und brachten Kunde spät nach Haus,
was in der Welt war heut‘ gescheh‘n,
wo auch ein Gott mag mal drauf seh‘n,
ob das noch klug und weise ist,
wo man die Liebe so vergisst!?
Hugin (der Gedanke) und Munin (das Gedächtnis) sind die zwei Raben, die Odin ständig begleiteten. Er schickte sie allmorgendlich an den Himmel, damit sie ihm erichteten, was in der Welt vorging. Die Verbindung der Raben als Aasfresser zum Totenreich sowie ihre Klugheit und Cleverness setzten den Göttervater erst imstande, seiner umfassenden Rolle gerecht zu werden. In vielen Traditionen waren und sind die Raben als Kraft- und Totemtiere hoch geachtet und begleiten den Menschen – nicht nur den Schamanen – auf seiner Reise. So war Odin auch als der Rabengott bekannt (Hrafnagut).
So manchmal wird der Mensch geprüft
und manchmal ist das Leben streng
Ja, manchmal wird der Sand gesiebt -
und manchmal ist der Spielraum eng
Der ODIN kommt im blauen Mantel
zu König Geirrod unerkannt,
denn er will prüfen seinen Wandel -
als gastfreundlich war er bekannt
Am Hoftor bleibt es völlig still,
die Hunde schlagen gar nicht an
Geirrod denkt: 'Was der wohl will?
Ist wohl ein Zauberer, der Mann'
Er lässt ihn fesseln, setzt ihn nieder,
ja, zwischen Feuer brennend heiß
Furchtbar schmerzen ODINS Glieder
und Wasser gibt es nicht noch Speis
So vergehen acht der Tage
Nur der Königssohn geht zu ihm hin
Agnar dauert seine Lage,
gibt ihm sein Horn mit Met darin
Doch das Feuer, das kommt näher,
hungrig leckt die Glut an ihm
Da spricht der Gott und weise Seher
vom Weltenbaum und Weltensinn
und gibt sich endlich zu erkennen
Da fährt der König brausend auf,
nur um ins eig'ne Schwert zu rennen,
das ihm entgleitet bei dem Lauf
Die Gastfreundschaft hat er verraten,
das Misstrauen nahm überhand
Doch anders seines Sohnes Taten:
die halten vor dem Gotte stand
Der Gott verschwindet, Geirrod stirbt
Es folgt ihm nach der eig'ne Sohn
Wer etwas Mitgefühl erwirbt,
der sitzt noch lange auf dem Thron
Anm.: Nachdem Frigg die Gastfreundschaft des
Königs Geirrod in Zweifel gezogen hatte, beschloss
Odin, diese zu prüfen und zog unerkannt zu seinem
Palast. Frigg liess Geirrod noch warnen, aber der König
traute dem Fremden, der sich mit dem Namen
Grimnir vorstellte, trotzdem nicht, da kein Hund bei
seinem Auftreten bellte. Er wollte ihn zur Rede
zwingen und setzte ihn 8 Tage und Nächte zwischen
2 Feuer. Nur sein Sohn Agnar ließ ihn aus seinem
Horn trinken. Erst als die Glut Odins Mantel erfasste,
begann er zu sprechen und erzählt in Versen vom
Land der Götter und vom Weltenbaum. Erst am Ende
gibt er sich zu erkennen. Der König sprang auf und
wollte ihn aus den Feuern führen. Da glitt ihm das
Schwert aus den Händen, der Griff nach unten gekehrt.
Der König strauchelte und durch das Schwert, das
ihm entgegenstand, fand er den Tod. Da verschwand
Odin und Agnar war König lange Zeit.
Bild: G. Wright, Grimnir und Agar, 1907, Wikimedia Commons
Wie es zur Dichtkunst kam
Die Götter schlossen einstmals Frieden
und vermischten ihre Kraft
Dann, als Zeichen ihres Bundes,
spuckten sie in e i n e n Napf
und formten einen Zwerg daraus
von großer Weisheit, Redekunst
Den mochte jeder reden hören
Hoch stand er in der Menschen Gunst
Das neidetem ihm zwei and're Zwerge,
lauerten ihm heimtückisch auf,
erschlugen ihn ganz hinterhältig
und nahmen diesen Mord in Kauf
Nun hatten sie den Lebenssaft,
und brauten einen feinen Met
aus s e i n e m Blut und i h r e m Honig
Mit diesem Trunk wird man Poet!
Doch Dichten war nicht ihre Sache
und ihre Freude währte kurz
SUTTUNGR hatte eine Rechnung offen,
und alles and're war ihm schnurz
Der Riese forderte den Trank,
versteckte ihn in einem Berg
Die Tochter musste ihn bewachen -
Dichten war nicht GUNNLODS Werk
Der ODIN hat davon erfahren,
dient beim Nachbarn gut ein Jahr
Zusammen bitten sie SUTTUNGR -
der aber weist sie ab glasklar
Ein Loch bohrt ODIN in den Berg
und kriecht als Schlange schnell hinein
GUNNLOD findet ihn bezaubernd -
drei Nächte währt das Stelldichein
Dann durfte er ihn endlich haben,
und trinkt drei Kessel einfach aus
Als Adler schwingt er sich nach oben
und bringt den Skaldenmet nach Haus
So wurden auch die Götter weise,
und Asen hüteten den Trank
und spendeten ihn vielen Menschen
Ihn' allen gilt der Dichterdank!
Drei Säfte waren es nach der altnordischen Mythologie, die zur Poesie führten: der Speichel der Götter, das Blut eines Weisen und der Honig der Zwerge. Sie schufen jenen Skaldenmet, den 'Trank der Begeisterung'. Der Gott Odin war es, der den Met von dem Riesen ins Götterreich zurückholte und damit die Grundlagen schuf für menschliche Weisheit, Inspiration zu Dichtung und Gesang.
THOR/DONAR - der Gott des Gewitters und der Fruchtbarkeit
ist der germanische Gott des Donners, verwandt mit Jupiter, Zeus und dem keltischen Taranis, die den steinernen Donnerkeil als Waffe nutzten, der durch den Blitzstrahl vom Himmel zur Erde geworfen wurde. So ist auch der Hammer das Attribut des Thor. Was auf der einen Seite zerstöreriche Macht hat, ist auf der anderen auch das, was das Leben erhält und segnet. Mit dem Regen bringt das Gewitter eben auch Fruchtbarkeit und Gedeihen. So wundert es nicht, dass Thor einer der beliebtesten Götter bei den nordischen Völkern war. Insbesondere für die seefahrenden Völker war der Wettergott zentral. Noch heute finden sich in Skandinavien viele Ortsnamen, die ihn beinhalten. Auch die Namen Thorsten, Thorwald, der Donnerstag oder der Donnersberg in Rheinland-Pfalz haben Bezug auf ihn.
Er ist wie andere Himmels- und Wettergottheiten auch der, der mit der Urschlange, dem Drachen kämpft und die Ordnung der Welt aufrecht erhält.
Eine typische Donars-Erfahrung finden wir in der Biographie Martin Luthers. Während eines furchtbaren Gewitters entschloss er sich, sein Leben Gott zu weihen und ein Mönch zu werden, wenn er dies überlebe. Was daraus entstanden ist, ist bekannt: eine christliche Reformationsbewegung, die sich weltweit ausgebreitet hat und bis heute ein gewichtiges Wort in der Christenheit mitredet.
Die EICHE ist ihm geweiht, die der Blitz gerne aufsucht. Nicht zuletzt entschied sich an der Donareiche zu Geismar 723 n. Chr. unser abendländisches Schicksal, als Bonifatius sie in einem Gottesurteil vor Publikum unbehelligt fällen konnte. Nun war klar, wer die größere geistige Macht hatte! Keiner der Vertreter der alten Religion kam auf die Idee oder wagte es, mal öffentlich ein Kreuz zu zerschlagen und zu schauen, ob der Christengott da wohl zu Hilfe käme. Intelligenz ist nicht die Stärke Thors.
THOR ist in der Mythologie facettenreich: stark und tapfer, furchtbar und zerstörerisch, aber ebenso beständig, zuverlässig und heilbringend. Als Sohn des Göttervaters Odin und der ErdmutterJörd ist er einer der wichtigsten Schutzmächte der alten Germanen und Wikinger.
Auch in der jüdisch-christlichen Tradition gibt es solche brutalen Anklänge, die letztlich förderlich sein wollen:
Ist mein Wort nicht wie ein Feuer, spricht der HERR, und wie ein Hammer, der Felsen zerschmeißt? (Jeremia 23/29).
Bild: Thor mit seinen beiden Ziegenböcken Tanngnjostr und Tanngrisnir über den Gewitterwolken
DER THORSHAMMER (MJÖLNIR)
Schon auf den Felsbildern der skandinavischen Bronzezeit sind Hammer-Symbole zu finden, was ein deutlicher Hinweis auf die kultische Funktion des Hammers ist. Nicht umsonst sagt(e) man auch den Schmieden magische und unheimliche Kräfte zu, sind sie doch in der Lage mittels Feuer und Muskelkraft einen Klumpen Erz in ein Werkzeug oder eine Waffe zu verwandeln! Schmiede waren bei den Wikingern ebenso verehrt wie gefürchtet.
Das macht deutlich, dass Thor in der Wikinger-Zeit für die Menschen eine ungemein wichtige Rolle spielte und er war der mit Abstand beliebteste Gott. Das lag wohl vor allem an seiner Volksnähe, denn in seinen Charakterzügen verbarg sich eigentlich genau das Bild, das wir noch heute von den Wikingern haben. In der Edda, der nordischen Handschrift aus dem 13. Jahrhundert, wird Thor als ein polternder und hitziger Gott beschrieben, zugleich aber auch als humorvoll und gutmütig und leicht wieder zu versöhnen. Den Kriegern galt er aufgrund seiner Stärke als großes Vorbild, wenngleich Schläue und List nicht gerade seine Stärke waren.
Warf Thor seinen Hammer, so blitzte es am Himmel, der Mjölnir flog von ganz alleine in die Hand Thors zurück; der von Ziegen gezogene Streitwagen Thors ließ den Himmel donnern. Nicht umsonst war Thor auch als Donnergott bekannt und hieß bei den Südgermanen Donar, was der Donnerer bedeutet.
Mythologisch war Mjölnir das, was das Wort sagt: der Zermalmer. Von den beiden Zwergen Sindri und Brokk geschmiedet war er eine furchtbare Waffe, die ihr Ziel nie verfehlte und von alleine in die Hand des Werfers zurückkehrte. Eingesetzt wurde er gegen die Riesen und gegen die die Welt umspannende Midgardschlange im Urozean. Da Loki allerdings einen der Zwerge beim Schmieden in Gestalt einer Fliege ins Auge stach, geriet der Schaft des Hammers zu kurz - er hat also auch eine Schwachstelle.
Auch heute noch ist der Thorshammer besonders in Skandinavien weit verbreitet und wird zum Zeichen der Verbundenheit mit der nordischen Kultur und Tradition getragen. Die ihn glaubend als Amulett tragen, die beschützt er auf allen Wegen, gibt Stärke und Kraft und sorgt für Ordnung im Leben. Den Frauen wurde er früher aufs Hochzeitsbett gelegt für die erhoffte Fruchtbarkeit. Der wurde aufbewahrt und im Todesfall gerne mit ins Grab.
DONNERSTAG
Dem Gott des Donners gilt der Tag,
der Wetter und Gewitter
Sein ist die Fruchtbarkeit, die Macht,
gehemmt nur durch den Splitter,
den er im Kopf behalten hat
im Kampf mit einem Riesen
Der Geist war freilich nie sein Ding
Doch konnte er genießen,
aß einen Ochsen ganz allein
auf einem Festgelage
und eine schöne Frau war sein:
die Sif mit gold'nem Haare
Die Riesen hat er stets bekämpft,
geschützt die Welt der Menschen
Er konnte sehr gutmütig sein,
doch meistens musst' er kämpfen
Nach außen ist er rau und stark,
nach innen gut und ehrlich
Er schützt den, der ihn ehrt und mag
und wird ihm unentbehrlich
Nicht alle Ziele lassen sich
mit Hammerschlag erreichen
Gewalt ist oftmals fürchterlich,
das wissen alte Eichen
DER GESTOHLENE HAMMER
Ein Schläfchen hält der Donnergott
den ganzen langen Winter
Wenn er sich räkelt und erwacht,
freu'n sich die Menschenkinder
auf neues Leben, Sonnenschein,
den warmen Frühjahrsregen
Doch hört, wie das sich einst zutrug
als THOR da so gelegen,
da kommt ein Riese, sieht den Gott
nebst seinem Hammer liegen
Er stiehlt ihn leis und nimmt ihn fort
Und THOR, der war am Wüten!
LOKI fliegt nach Riesenheim
und hört den TRYMR lachen
„Ihr bringt die schöne FREYA mir,
d a n n kann’s am Himmel krachen!“
Die Liebesgöttin darf nicht geh’n,
der Frühling braucht sie wieder!
Die Götter schmieden einen Plan,
doch THOR ist der zuwider
Denn sie verkleiden ihn als Frau,
so fliegen sie zum Riesen
Der freut sich schon auf seine Braut
und möchte sie genießen
Doch diese ist noch tief verschleiert
So wird erst mal gegessen
Die Braut verzehrt den ganzen Ochs
samt Fisch-Delikatessen
Drei Fässer Wein trinkt sie dazu
Der Riese ist argwöhnisch
"Gefastet hatte sie!‘ sagt LOKI,
erwartet Euch so sehnlich!"
Den Riesen schmeichelte das sehr:
„den Hammer holt mir, los!"
befahl er seinen treuen Dienern,
tat ihn in ihren Schoss
Die nahm ihn – und sie schleuderte
ihn auf des Riesen Stirn
Der sank zu Boden, starb sofort
Am Himmel sah man’s blitzen
und freute sich: sie ist zurück,
die Kraft des Wettergottes!
Die List war einwandfrei geglückt -
und mancher voll des Spottes
Anm.: Nach der nordischen Sage vom Raub des Mjölnir durch den Riesen TRYMR. Es war in alten Zeiten Brauch, zur
Hochzeit einen THOR-Hammer in den Schoss der Braut zu legen, damit der Gott sie mit Fruchtbarkeit segne.
THOR UND DIE MIDGARDSCHLANGE
Das feste Land, das grenzt ans Meer,
von dort kommt alles Leben her
Für uns ist es nicht ungefährlich
und eine Seefahrt meist beschwerlich
Die Weltenschlange, sprach man, wäre dort
tief unten in dem Meereshort
Der THOR, der wollte sie mal angeln
An Kraft und Mut tat's ihm nicht mangeln
Mit einem Ochsenkopf als Köder,
so ging er vor, der Schwerenöter
Und s i e biss an und schoss herauf
E r sprang zurück - und gleich darauf
trat er durch's Boot hindurch auf Grund
Die Schlange öffnete den Schlund,
doch er stand fest und schwang den Hammer
Gleich hat er sie - doch welch ein Jammer:
der Riese war noch etwas schneller
Wahrscheinlich auch bedeutend heller
Dem HYMIR es zu danken ist,
dass er die Angelschnur durchschnitt
dem Meere seine Wildheit ließ
Denn niemand uns zu angeln hieß
nach solchen Kräften, tiefen, rohen,
die uns gewöhnlich nie bedrohen
Die Schlange fuhr zurück ins Meer
Es kommt ja nicht von ungefähr,
dass wir bewahrt sind in den Grenzen,
die uns gegeben sind als Menschen
Ja, uns're Welt, die ist gefährdet!
Wenn man sie liebt und ist geerdet,
wird man das Seine dazu tun,
in sich zu bleiben und zu ruh'n
BALDUR
Baldur ist die Lichtgestalt im germanischen Götterhimmel, ein Sohn von Odin und Frigga. Er verkörpert alle guten Eigenschaften und ist gerade das Gegenteil des listigen LOKI, dem eigentlich jedes Mittel recht ist, um ein Ziel zu erreichen.
Sein Name, wie auch der seiner Frau, verweisen zunächst auf die Tapferkeit, doch mangelt es ihm auch nicht an Güte und Gerechtigkeit. Seine Schönheit und Ausstrahlung macht ihn zu einem allseits geliebten Manne. Aber es wundert dann auch kaum, dass er auf jemanden stösst, der damit gar nicht kann.
Hier zeigen sich auch seine Schwächen. Er ist nicht der Mann, der alles durchschaut, der klare und harte Entscheidungen trifft. Wenn er Recht spricht, ws er manchmal tut, macht er es jedem recht. Jeder geht zufrieden nach Hause, aber das Problem bleibt ungelöst. Erst sein Sohn FORSETI, Gott der Gerechtigkeit, findet praktikable Kompromisse, die dann auch Bestand haben.
Sein Tod und die Mistel markieren die Sommersonnenwende. Der Mistelzweig kehrt in der keltischen Tradition auch in der Wintersonnenwende wieder und wurde in den angelsächsischen Ländern über den Türschwellen aufgehängt. Der Übergang, und zwar in beide Richtungen, das ist ihr Ort! Als Heilpflanze bringt die Mistel das Leben, als Tor ins Jenseits ist sie auch Bote des Todes. Die Mistel, die auch im Winter ihr ledriges, grünes Blattgewand behält, galt als eine Pflanze zwischen dieser und der anderen Welt. Unter einem Mistelzweig ist alles möglich. So durften sich ein Mann und eine Frau küssen und lieben, egal wer sie waren, wenn sie sich unter einem Mistelzweig trafen. Man glaubte, dass die Mistel Fruchtbarkeit verleiht und eine Arznei gegen alle Arten von Gifte sei.
Sommersonnenwende
Des Sommers ganze Wärme, Pracht,
die Sonne, wie sie strahlt und lacht:
genießen wir 's! Es kommt die Wende!
Und manchmal ein abruptes Ende
Tatsächlich, manchmal gibt es einen,
den jeder mag, so einen Feinen,
gerecht und gütig in Person,
so war auch jener eine Sohn
von ODIN und der Mutter FRIGG
Er war ihr Stolz und auch ihr Glück
Der BALDUR war die Lichtgestalt,
doch leider wurde er nicht alt
Ihn plagten nächtens schlimme Träume
Das ging schon längere Zeiträume
und FRIGG gar träumte seinen Tod
Sie glaubte, dass ihm etwas droht
und dachte, solches zu verhindern,
jedwed' Gefahr rasch zu vermindern
Was könnte diesen jungen Mann zerstör‘n? -
So ließ sie alle Wesen schwör‘n,
dem Sohn nie etwas anzutun
Und sie versprachen‘s. Nun
war erst mal Sicherheit gegeben
für dieses liebenswerte Leben
Nur schien der Mistelzweig allein
für diesen Eid noch viel zu klein
So hatte sie ihn übergangen.
Das wäre noch kein Grund zu bangen,
wär‘ da nicht LOKI, jener Gauner,
Erzkluger, listenreicher Rauner,
der stets erreicht, was er erstrebt
und j e d e s Mittel überlegt
Als alte Frau kam er zu FRIGG
und nutzte diesen Geistertrick
um das Geheimnis zu erfahren.
Die Mutter konnte es nicht wahren
Erzählte von dem kleinen Zweig
und LOKI war sofort bereit
ihn aufzusuchen und zu holen.
Zum Pfeil geschnitzt mit einem Bogen
kam er in Asgards weite Hallen
Die Götter, die versammelten,
erprobten grade mit viel List,
ob er tatsächlich unverwundbar ist
Man schoss auf ihn mit allen Dingen
und keinem wollte es gelingen,
ihn zu verletzen, dass er fiel
Und immer weiter trieben sie dies Spiel,
bis LOKI unter ihnen stand
Mit Pfeil und Bogen in der Hand
ihn Baldurs blindem Bruder gab
mit einem tückischen Auftrag,
den Bruder ebenfalls zu ehren
Den HÖDUR konnt' man überreden
und LOKI führte dessen Hand
Der Pfeil, der traf - und Baldur sank
tödlich getroffen auf den Boden
Entsetzen war im Himmel oben
Die Untat schrie nach einer Sühne,
doch galt an diesem Ort der Friede
Das Licht nahm ab an diesem Tag
Ein Schiff, das wurde BALDURS Grab
An Wintersonnwend‘ kehrt es zurück
und allen Lebens Freud und Glück
Odins letzte Worte an seinen toten Sohn Baldur