Spiritualität und Religion
BÄUME brauchen keine Spiritualität, Tiere auch nicht. Das ganze Universum pulst und ist in Bewegung, es tönt und leuchtet, es schwingt und entfaltet sich - aber es ist nicht fromm. Der Mensch ist das einzige Wesen, das Spiritualität und Religion lebt.
WIR sind das Wesen, das sich seiner selbst - und der Welt - bewußt geworden ist. Wir denken 'über' die Dinge und uns selbst nach - und schauen aus der Distanz. Dies gibt uns Macht und Möglichkeiten - aber auch das Gefühl, die ursprüngliche, 'paradiesische' Einheit und Unschuld verloren zu haben.
RELIGIONEN (re-ligio, Rück-bindung) haben sich auf den schweren Rückweg gemacht, die Verbundenheit mit allem wiederzugewinnen. Man möchte wieder werden wie ein Kind, aber ohne seine Reife und Bewusstheit einzubüßen. Das ist kein aussichtsloser, aber ein schwerer, paradoxer Weg. Man braucht eine religiöse Brücke, aber weiß, dass man sie wieder verlassen muss, wenn man klar sein will.
Neben den spirituellen Pfaden, die in der Menschheit ausgebildet worden sind, gibt es immer auch die Möglichkeit, sich direkt den natürlichen Wurzeln zuwenden und sich da zu öffnen. Da sind alle Dimensionen der Wirklichkeit ursprünglich präsent.
Wir nennen uns ...
Wir nennen uns Buddhisten
und sind noch nicht erwacht.
Wir nennen uns Muslime,
die Frieden nie gemacht.
Wir nennen uns gern Christen
und sind kein Licht der Welt.
Wir wären gerne Menschen,
doch knien vor Macht und Geld.
Wir suchen alte Stätten,
doch haben wenig Zeit
Wir geh'n in die Natur,
nur unser Geist, der eilt
Kein Buddha wird uns helfen,
kein Jesus und kein Gott,
wenn wir nicht Schritte wagen,
verlassen uns'ren Trott.
© pixelleo-fotolia
Die Macht des Mythos
Ein Mär-chen, das mag jeder hören,
doch eine Mär, die wird Dich stören
'Vom Himmel hoch' kam eine her,
gesungen leicht - doch mächtig schwer
bedrückte sie die Menschheit eben
Sie würde schlecht und sündig leben
mit falschen Göttern, falschem Glauben
Ein jeder würde lügen, rauben
Nur dieser Gott, der könnte retten
und sie befreien von den Ketten
mit blut’gem Opfer, wie man hört,
das sich der Gott auch selbst beschert
Den Irrsinn kann man schon durchschauen,
kann wieder sehen, hör’n, vertrauen,
die Welt so lassen, wie sie ist:
den Glanz, den Wandel und den Mist
und dies an einer Knospe lernen:
das Wunder kommt ja von den Sternen
und weckte Mutter Erde auf
So nahm das Leben seinen Lauf
und hat sich lange schon erhalten
Es mag vorangeh’n, sich entfalten
Es ist es wert, dass man es liebt
und dankbar etwas von sich gibt
Das Christuslicht wird weiter scheinen
Und bist du mal mir Dir im Reinen,
so kannst Du frei auf Erden wandeln,
kannst leben, sterben, ruhen, handeln
'Mär' war im Mittelhochdeutschen die Erzählung, Kunde: 'das war aber eine erbauliche Mär!' Das Mär-chen ist seine Verkleinerungsform: die kleine Geschichte, die kleine Kunde. Beides kann wertgeschätzt gemeint sein - oder kritisch: 'das war ein märchenhafter Tag!' - 'Erzähl mir keine Märchen!'
Tore zum Paradies
Noch nie hat es so gut geschmeckt
Im Augenblick war es erfüllt
Der Apfel hat mich aufgeweckt
Das Paradies mir heut‘ enthüllt
**
Was für ein Baum! Was für ein Wesen!
Du stehst hier viele hundert Jahr’
Für den Moment bin ich genesen
Als ich in Ehrfurcht bei Dir war
**
Noch nie hab ich ihn so gehört
Noch nie hat er mich so berührt
Der Vogel sang so ungestört
Und hat mich lange noch entführt
**
Noch nie hatt’ ich Dich je geseh’n
Der Tag war nicht besonders hell
Da war’s im Augen-blick gescheh’n
Mein Herz hielt lange nicht mehr still
**
Es war noch nie so still in mir
So friedvoll und so ganz bereit
Die Stürme haben sich gelegt
Das Meer war sanft, unendlich weit
Wherever you will go
Whatever you will know
Whatever you will gain
Whatever you will complain
Whatever you will see
Wherever you will be
Whoever you will meet:
The way is always under your feet
Transzendenz
Die Himmel und die Welten
Man fragt sich, was sie gelten
Was könnte man erleben?
Könnt' man in Höhen schweben?
Gibt's Götter, Paradiese,
die bess're Welt als diese?
Die Tiefen und die Sphären,
wo wir auch mal gern wären?
Was wir niemals vernehmen,
die Lichter und die Schemen:
es ist doch alles mit uns da,
zugleich ganz fern und auch ganz nah
Impulse
Setz Dich wieder auf den Boden
Schwimm in einem kleinen See
Schau zur Nacht die Sterne droben
Sieh des Tags, was in der Näh'
Streife wieder durch die Wälder
Steig auf einen kleinen Berg
Gehe über leere Felder
Mut Dir zu ein kleines Werk
Bete wieder wie die Alten
Bitt' den Ahn', die Himmelswelt
Dass das Beste wir entfalten
Und zurechtkommt, was entstellt
An manchen Orten kann man es erfahren,
wie Spiritualität und Natur,
Lebensfreude und Zurückhaltung
zusammenfinden - so auf der indonesischen Vulkaninsel Bali:
Das Gebet
Ich hab ein kleines Weltenhaus
mit Räucherwerk und Kerzen
Da leg ich meine Bitten rein,
den Dank und auch die Schmerzen
Die kleinen Zettel mehren sich
in sehr bewegten Zeiten
Doch Pflanzen grünen immer dort
bei allen Schwierigkeiten
Das Haus ist offen, steht bei mir
am stillen Ort der Kräfte
Die Gottheit, sie wohnt überall
und feine hohe Mächte
Ein nach altchinesischem Vorbild getöpfertes Mondhaus mit dem Seelenvogel auf dem Dach
Magie - ein altes Wort in uns're Zeit
'Das ist ein magischer Ort!' 'Sie zog ihn magisch an' - wir gebrauchen das Wort heute ganz gern wieder, aber verstehen noch nicht ganz, was es eigentlich meint.
Magie ist eine Fähigkeit, die wir ansatzweise alle haben: geistig zu handeln und dadurch etwas zu erreichen. Das macht der Handwerker, der Techniker, der Künstler, der Sportler - das geschieht auch im Alltag. Wir denken etwas - und setzen es um.
Die Magie im engeren Sinn läßt die Hände weg: man sagt sich auf dem Krankenbett: ich w e r d' wieder gesund! - und glaubt daran. Man sagt einem niedergedrückten Mitmenschen: 'D u schaffst das!' - und gibt ihm einen Vertrauensvorschuss. Die Erfahrung zeigt, dass der Geist auch so wirken kann. Wenn Jesus sagt, dass der Glaube Berge versetzen kann, dann ist eben das gemeint: dein Geist, wenn er all seine Kraft auf den Punkt gesammelt hat, so klein und konzentriert ist wie ein Senfkorn, kann Dinge bewirken, die keiner für möglich hält. Dass das geht, hat er selbst seinen Schülern und Mitmenschen gezeigt. Aber sie ist natürlich ein Weg - und ein Bewusstwerden. Wir hatten als Kinder alle diese 'magische Phase', die uns aber auch gezeigt hat, dass ein Auto einfach weiterfährt, selbst wenn wir noch so stark daran denken, dass es stehen bleiben soll.
'Magie' ist nichts Böses, man hat sie verteufelt, weil man nicht mehr erkannt hat, was sie ist. Sie ist das Wirken des Geistes. Es kann zum Guten eingesetzt werden, aber auch zum Bösen. Auch Tyrannen glauben an sich, auch Liebeszauber kann u.U. einen Menschen von sich abbringen, auch Schadzauber ist nicht immer unwirksam - je nachdem.
In alter Zeit, als man noch keine hochentwickelte Technik, keine Krankenhäuser und vieles
andere hatte, wusste man oft nichts anderes als das bittende Gebet oder eine magische Formel. Auch - und besonders - die Kriege wurden bis in unsere Zeit auch mit Hilfe religiöser und magischer
Kräfte geführt (s. z.B. 2. Könige 6). So sind uns aus dem 9. Jahrhundert in einer christlichen Handschrift zwei alte vorchristliche Texte in althochdeutscher Sprache überliefert. Sie gelten nicht der
Vernichtung des Feindes, sondern der Befreiung von (Kriegs-) Gefangenen und der Heilung des gebrochenen Fußes eines Pferdes.
Der erste sog. ‚Merseburger Zauberspruch‘ ist sprachlich sehr eindrücklich und wendet sich an die ‚Idisen‘, an hohe weibliche Geistwesen. Damit könnten Odins Disen gemeint sein, die sowohl im Krieg halfen (als ‚Walküren‘) als auch die Schicksalsfäden webten (Nornen).
Eiris sâzun idisi, sâzun hêra duoder.
Einst setzten sich die Idisen, setzten sich hierhin, dorthin
Suma hapt heptidum,
Einige bannten Feinde (hefteten Haft),
suma heri lezidun,
einige hemmten das (feindliche) Heer
suma clûbôdun umbi cuoniouuidi
Einige klaubten an den Fesseln (der Gefangenen)
Insprinc haptbandum, inuar uîgandun!
(Jetzt:) Entspringe den Haftbanden, entfliehe den Feinden!
Wenn man so einen Text heute vertont und singt - wie hier in einer Vertonung des Textes
durch die Gruppe Ougenweide aus dem Jahr 1970 - , wird man vielleicht einen anderen Kampf im Sinne haben und andere Arten von Gefangenschaft, die u n s heute hemmen.
Frömmigkeit der Zukunft
Man wird das Wasser
weniger dort schöpfen
wo es steht,
sondern dort,
wo es fließt,
weniger dort,
wo es so vieles mit sich führt,
sondern dort,
wo es sauber ist,
weniger dort,
wo es lauwarm ist,
sondern dort,
wo es erfrischt,
nicht mehr nur
dort,
wo viele sind,
sondern auch dort,
wo noch keiner war
When the clouds pass by
and the morning sun rises,
when the mountains stick out
and a pine me surprises,
when the bad rain has stopped
and the mist has gone away,
I enjoy the the wide view
and the peace of this day